Tretting


Die Trettinger mussten eine Kapelle bauen, da die alte Kapelle - für heutige Vorstellungen kaum nachvollziehbar - der neuen Technik weichen musste. Die ursprüngliche Kapelle war im Besitz von Franz Hacker (Schillitz). An deren Stelle steht jetzt das Trafohaus. Zudem war die Kapelle sehr klein und konnte nur den Pfarrer und die Ministranten beherbergen.

Der alte Michael Macht (vulgo Pfundeis Mich), der bereits im Jahre 1949 an einer schweren Krankheit verstorben ist, hat dem damaligen Pfarrer immer wieder versprochen, sein Möglichstes zu geben, damit Tretting eine neue Kapelle erhält. Leider konnte er wegen seines frühen Todes dieses Versprechen nicht mehr halten und den Bau der Dorfkapelle nicht verwirklichen helfen.

Als Anmerkung sei hier noch erwähnt, dass die kleine Glocke von der alten Schillitz-Kapelle jetzt in Walting in der Kapelle von Karl Ochsenmeier ihren Dienst verrichtet. Ebenso wurden die Heiligenfiguren dort aufgestellt.

Im Jahre 1968 war es endlich so weit. Das Dorft traf sich während der Wintermonte 1967/1968 öfters zu beratenden Versammlungen im Gasthaus Söldner. Die Ortsversammlung ernannte Egid Macht (Pfundeis Gide) zum Sprecher. Zum Kassier wurde Franz Hacker (Schillitz Franz) und zum Schriftführer Engelbert Baumann (Weber Bert) bestimmt. Nach dem Tod von Franz Hacker übernahm Engelbert Baumann auch die Kassenführung.

Im Frühjahr 1968 schließlich wurde mit dem Bau der Kapelle in der Nähe der Dorflinde begonnen. Von der alten Linde mussten gewaltige Äste abgesägt werden, um die Kapelle an dem ihr zugedachten Platz erbauen zu können. Die Dorflinde wurde übrigens im Jahre 1903 von dem damaligen Eigentümer des Höpfl-Hofes, Herrn Georg Heibl, gepflanzt. Georg Heibl hatte keine Nachfahren, weshalb er sich durch die Dorflinde ein stetes Andenken bewahren wollte. Der Grundkapitalstock für die Finanzierung der Kapelle wurde durch verschiedene Haussammlungen, von den Hauptverantwortlichen durchgeführt, gelegt. Als Architekt konnte der Bauingenieur Hans Seidl aus Arnschwang gewonnen werden, der Planung sowie Bauaufsicht kostenlos erledigte. Die Trettinger Kapelle hat viele Gemeinsamkeiten mit der Kirche in Dalking. Beide wurden etwa zur gleichen Zeit erbaut. Bereits in der Karwoche konnte von Zimmerermeister Alois Schwägerl von Haubenbühl, der ebenfalls alle Arbeiten völlig unentgeltlich erledigte, mit Hilfe der Dorfbewohner der Dachstuhl errichtet werden.

Die Trettinger haben bei der Erstellung der Grundmauern "ihrer" Kapelle eine Art Flaschenpost an der linken Seite, zum Gasthaus Söldner hin, mit eingesetzt. In die Flasche wurde eine Nachricht gesteckt, auf der alle Namen stehen, die in irgendeiner Weise am Bau der Kapelle beteiligt waren. Ebenso wurden alle in der Bundesrepublik vorkommenden Hartgeldmünzen vom Pfennig bis zum Fünf-Mark-Stück hineingeworfen.

Der Kapellenturm bereitete den Bauherren bereits damals große Sorgen. Der Glockenturm war ursprünglich so niedrig, dass alle Dorfbewohner unbedingt eine Höhersetzung des Turmes wünschten. Mit Hilfe einer Winkeleisenkonstruktion konnte er schließlich doch etwas in die Höhe gerückt werden.

Eine Besonderheit wird dem Besucher sicher auffallen. Die Gedenktafel an Andreas Mühlbauer. Er war als ehemaliger Trettinger einer der ganz wenigen Leute von außerhalb des Dorfes, die ein wenig mehr Geld gespendet haben. In einem persönlichen Brief von Herrn Andreas Mühlbauer an den damaligen Pfarrer Josef Lang von Zenching heißt es wörtlich:

Hochwürden!

Bezugnehmend auf Ihre Antwort v. 8. Juni 1968 in Sachen der Trettinger Kapelle teile ich Ihnen mit, daß ich weitere 500 DM dazu lege, um die Gründung einer richtigen Meß-Kapelle zu ermöglichen. Das Geld überweise ich Ihnen in der Annahme, daß es Ihnen so am liebsten ist. Von einer schweren Erkrankung aufgestanden danke ich Ihnen von Herzen für Ihre Mühewaltung, grüße Sie bestens und bleibe

Ihr ergebener - Andreas Mühlbauer-

Weiterhin erwähnenswert ist, dass die Familie Vogl aus Tretting seit dem Bau immer den Mesnerdienst übernommen hat und sich um die Sauberkeit kümmert, das jetzt schon seit nahezu 34 Jahren. Die Arbeiten wurden immer ehrenamtlich und unentgeltlich geleistet. Dies ist sicher in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr.

Die Gesamtkosten beliefen sich nach Fertigstellung auf etwa 24.000 DM. Hierbei sind mir besonders die niedrigen Arbeitslöhne damaliger Zeit ins Auge gestochen. So verlangte der Schreinermeister Michael Mühlbauer aus Zenching als Meisterlohn nur 8,50 DM, was in einer Rechnung für Kirchenbänke und Altar zu lesen ist. Heute würde das etwa das 10-fache kosten. Die Gesamtsumme wurde zum größten Teil von den Dorfbewohnern durch Spenden aufgebracht. Alle Hand- und Spanndienste wurden von den "Dorferern" kostenlos geleistet. So wie auch heute war die Bauzeit damals nicht einfach. Die Erbauer hatten ebenfalls immer zu wenig Geld. Sie bauten der Zeit entsprechend eine schöne, moderne Kirche.

Am 05. Mai 2002 wurden die neu sanierte Kapelle und der neue Altar eingeweiht. Es war eine lange Bauzeit von 1999 - 2002. Unzählige ehrenamtliche Stunden waren notwendig, um die Sanierung abzuschließen. Wir mussten viel Geld selber spenden und zusammenbetteln um die Rechnungen von ca. 120.000 DM bezahlen zu können.

Die Kapelle wurde zu Ehren Mariens, der Schutzfrau Bayerns, geweiht. Den Einweihungsgottesdienst gestaltete der damalige Pfarrer von Zenching, Herr Josef Lang, am 18. August 1968. Seit der Zeit feiern wir immer am 01. Mai unseren Kirta.

Quelle: Kirchenführer Patrona Bavariae Tretting * Xaver Macht*

zurück