Ich war einmal gesund“
Am vergangenen Freitag, 18.10.2024, lud der Frauenbund gemeinsam mit dem Pfarrgemeinderat Rimbach zu einer eindrucksvollen Lesung mit Dr. Michael Schnitzbauer ein. Etwa 60 interessierte Zuhörer fanden sich im Pfarrheim ein, um dem Autor zu lauschen, der aus seinem Buch „Tausche Haare gegen Charakter“ vorlas. Die Veranstaltung bot einen bewegenden Einblick in die Lebensgeschichte eines Mannes, der einen beeindruckenden Überlebenskampf geführt und gewonnen hat. Schnitzbauer, ein gebürtiger Rimbacher, erzählt von seiner Kindheit. Behütet aufgewachsen, eine unbesorgte Kindheit, im Bayerischen Wald, dem „Tor zur Welt“, wie er meinte. Er war ein fröhliches Kind und er hatte immer Hunger, weiß er sich zu erinnern. Jetzt liest sich die Vita des 44-Jährigen imposant. Michael Schnitzbauer, Dr. med. Dipl.-Biologe Michael Schnitzbauer, MHBA ist praktizierender Arzt, Biologe und Gesundheitsökonom. Er hat in Regensburg, Sydney, New Haven, Bozen, Berlin und Erlangen studiert, geforscht und gearbeitet. Nach 7jährigen Schaffenszeit in Berlin lebt und arbeitet als Oberarzt für Radiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen in Oberösterreich. Mit einer intensiven Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor berichtete er von der Zeit als Chemo-Patient. Drei Monate vor dem Examen bekam Schnitzbauer eine Lungenentzündung, war geschwächt. „Ich habe das verdrängt, ignoriert. Wollte ich doch zuerst mein Examen machen, dann zum Arzt gehen. Einige Tage nach meiner Prüfung war ich zu Besuch bei meinen Eltern im Bayerischen Wald, dort traf ich auch meinen guten Freund Christoph. Christoph ist ein sehr offener Mensch, den ich sehr schätze. In seinem Gesicht wandelte sich die Entspanntheit, Sorgenfalten wurden auf seiner Stirn sichtbar. „Schnitzi du schaust verdammt Scheiße aus, geh zum Arzt!“ sagt er zu mir. Die Diagnose, fortgeschrittener Lymphdrüsenkrebs, kam für ihn mitten in einer entscheidenden Phase seines Lebens. Doch anstatt sich seinem Schicksal zu ergeben, kämpfte er mit aller Kraft gegen die Krankheit an. Er wehrt sich gegen den „Knödel“ im linken Lungenflügel in seiner Brust. „Ich muss jetzt stabil bleiben, stillhalten, loslassen“. Dr. Schnitzbauer, der mit 32 Jahren während der Vorbereitung auf sein Medizinstudium an Lymphdrüsenkrebs erkrankte, erzählte den Zuhörern von den Herausforderungen, die sein Leben auf den Kopf stellten. „Auf dem Weg Arzt zu werden wurde ich Patient. Die Krankheit hat mir meine Freiheit genommen“, so Schnitzbauer. Eineinhalb Jahre dauerte der Kampf, begleitet von Chemotherapie und den damit verbundenen Einschränkungen. Er magerte ab, Taubheit in Zehen und Fingern, das Zwerchfell geschädigt, die Chemo hinterließ ihre Spuren. Eine Folge unter anderem wegen der roten Flüssigkeit, der „Campari“-Infusionslösung Doxorubicin, wie es Schnitzbauer schmunzelnd nannte. „Nach der Therapie ist alles wie im Nebel, ich schaue in den Spiegel und sehe ein blasses, Kortison geschwängertes Etwas, dann übergebe ich mich“, erklärte Schnitzbauer, jetzt mit finsterer Miene, dem aufmerksamen Publikum. Doch diese Zeit lehrte ihn, den Wert des Lebens und der Gesundheit neu zu begreifen. Als er den Krebs schließlich besiegte, war er ein anderer Mensch: stärker, achtsamer und voller Dankbarkeit für das, was wirklich zählt. „Der Krebs war für mich eine gute Erfahrung“, schlussfolgerte Schnitzbauer. Die Zuhörer verfolgten gebannt seine Erzählungen, die von tiefen emotionalen Momenten bis hin zu humorvollen Anekdoten reichten. Dr. Schnitzbauers Geschichte ist nicht nur eine Überlebensgeschichte, sondern auch eine inspirierende Ermutigung für alle, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden. Sein Buch richtet sich sowohl an Betroffene und Angehörige als auch an Menschen, denen der Wert des Lebens oft aus den Augen gerät. Nach der Lesung nahm sich Dr. Schnitzbauer die Zeit, auf die Fragen des Publikums einzugehen. Viele Anwesende wollten mehr über seine persönlichen Erfahrungen und den Heilungsprozess erfahren. Mit Offenheit und Einfühlungsvermögen beantwortete er jede Frage, was zu bewegenden und intensiven Gesprächen führte. Auf die Frage hin, inwieweit er seine Erkrankung in die Arzttätigkeit mit einfließen lassen kann, antwortete er: „Als Arzt will ich dem Krebspatienten ganzheitlich sehen, immer mit dem Hintergrund, wie wenig selbstverständlich unsere Krankheit ist. Und ich denke, ich habe gleich eine Empathie-Ebene zum Gegenüber“. Was lernt man daraus, Kranke werden oftmals gemieden, man macht seine Erfahrung mit guten und nicht so guten Freunden, man wählt Menschen anders aus, hat andere Zielvorstellungen. Gehen Sie offen mit einer Erkrankung um, auch wenn wir ein gesellschaftliches Problem haben, immer funktionieren zu müssen. Die Veranstaltung hinterließ bei den Teilnehmern nicht nur Eindrücke von einer außergewöhnlichen Lebensgeschichte, sondern auch wertvolle Denkanstöße darüber, wie kostbar das Leben ist. Der Frauenbund und der Pfarrgemeinderat Rimbach trugen mit der Organisation der Lesung zu einem unvergesslichen und kurzweiligen Abend bei, der noch lange in den Köpfen und Herzen der Gäste nachklingen wird. Zum Abschluss der Veranstaltung bedankte sich Maria Schmidt vom Frauenbund herzlich bei Dr. Michael Schnitzbauer. Sie lobte nicht nur die eindrucksvolle Lesung, sondern auch die tiefen persönlichen Worte, mit denen der Autor die Zuhörer berührte. „Ihre Geschichte gibt uns allen einen neuen Blick auf das Leben“, so Schmidt. „Wir sind Ihnen dankbar, dass Sie diese wichtigen Erfahrungen mit uns geteilt haben.“ (Fotos Alfred Eckert)
Bericht vom 24.10.2024