Die gute alte Zeit war nicht für alle schön


 
 
Wenn manchmal von der guten alten Zeit gesprochen wird, dann liegt es wohl daran, dass man sich an das weniger Schöne nicht mehr so gerne erinnert wie an das Schöne. Dies wurde bei einem Lichtbildervortrag am vergangenen Donnerstag im Pfarrheim  in Rimbach deutlich, bei dem Dr. Hans Aschenbrenner vor sehr vielen Zuhörern über das Thema: „Schei is gwen, aber hirt – 
S´Leb´n im Bayerischen Wald vor 100 Johrn“. Für die Landbevölkerung bedeutete es nämlich oft den Kampf ums Überleben.
  Dass so viele Zuhörer zu diesem Vortrag kommen würden, hatten sich die Verantwortlichen aus Frauenbund und Pfarrgemeinderat wohl nicht vorgestellt, denn immer wieder mussten weitere Sitzgelegenheiten aufgestellt werden damit alle Platz fanden. Für  Anette Pielmeier war es daher eine besondere Freude neben dem Referenten Dr. Hans Aschenbrenner und seiner Frau so viele Zuhörer aus der Pfarrei und der Expositur und noch darüber hinaus begrüßen zu können. Der Referent sei bekannt für seine guten Vorträge und als Kenner der Tschechei, wo er sein Wissen bei vielen Fahrten ins Nachbarland vermittelt, sagte Anette Pielmeier, bevor sie das Wort an den Referenten übergab.
  In einer kurzen persönlichen Vorstellung gab der Referent Einblick in sein Leben. Er wurde 1932 in Blaibach geboren, war schon als Kind in der kleinen Landwirtschaft der Eltern mit der harten Arbeit vertraut bevor er 1952 das Abitur machte und dann Tiermedizin studierte. 1969 eröffnete er in Lam eine Tierarztpraxis. Seit Mitte der 70er Jahre lebt er mit seiner Familie in Neukirchen b. hl. Blut. Als Tierarzt war er über Jahrzehnte eng mit der bäuerlichen Bevölkerung verbunden, obwohl er selber nie auf einem Bulldog gesessen sei, erwähnte der Referent. Das Leben der Bevölkerung auf den Höfen im Bayerischen Wald war hart und bedeutete  vor 100 bis 150 Jahren oft einen Kampf ums Überleben. Etwa 90 Prozent der Altbayern lebten von und mit der Landwirtschaft, während sich in den Städten nach und nach ein wohlhabenderes Bürgertum entwickelte. Maximilian Schmidt, der „Waldschmidt“ gehörte in der Zeit um 1900  zu den meistgelesenen Schriftstellern in Deutschland. Von der Zeit unter der Regierung des Prinzregenten Luitpold (1886 bis 1912) sprach man gerne von der „guten alten Zeit“ was allerdings nur für das Bürgertum zutraf und nicht für die Landbevölkerung. Mit dem Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts zog es viele Menschen vom Land in die Städte, wo dann schnell Arbeitersiedlungen entstanden. Doch auch das war für die Arbeitenden nicht einfach, denn bei sechs Arbeitstagen und zwölf Stunden täglicher Arbeit lag der Wochenverdienst gerade bei 18 Mark und in den oft feuchten Wohnungen erkrankten viele an TBC. Streiken galt als Straftat und es folgte die Verhaftung. 
  Aber auch für die Bevölkerung auf dem Land war die Zeit nicht leicht.  Das Leben im Böhmerwald, dem Urwald nördlich der Donau war schon von Beginn der Besiedelung an schwer und mühsam. Wenn man bedenkt dass es bis 1800 keine Säge gab und alle Bäume mit der Axt gefällt und zerkleinert werden mussten, könne man sich vorstellen wie mühsam dies war. Die Flächen die dem Urwald abgerungen werden mussten um sie zu bewirtschaften waren klein und brachten zunächst nur wenig Ertrag. Es gab auch keinen Pflug im heutigen Sinn und der Boden wurde nicht umgeackert sondern nur mit dem „Arl“ aufgerissen um Getreide säen zu können. Das ohnehin schwere Leben wurde durch Krankheiten wie die Pest, den 30jährigen Krieg und oft Wetterextreme die nur eine kleine Ernte zuließen oder diese ganz vernichteten, zusätzlich erschwert.
  Die Bauern waren oft Leibeigene von Adel oder Klöstern und mussten einen Teil der Ernte abliefern. Meist war der älteste Sohn der Hoferbe während sich die anderen Geschwister als Knechte oder Dirn bei Bauern verdingen mussten um sich einen bescheidenen Lebensunterhalt verdienen zu können. Um die Jahrhundertwende entwickelte sich dann eine Auswanderungswelle „in´s Amerika“ wie man damals sagte.  Aus Bayern wanderten etwa zwei Millionen Menschen aus, davon viele aus Niederbayern und der Oberpfalz. Die bekannteste von ihnen war wohl Emerenz Meier aus Schiefweg bei Passau. Nach oft wochenlanger Überfahrt mit dem Schiff, die schon viele nicht überlebten, wurde wiederum manchen die Einreise verweigert und diese waren die Ärmsten Menschen die es gab. Ihnen ging es wie Flüchtlingen in unserer Zeit. 
  Die Menschen die im Böhmerwald blieben, mussten sich ihr tägliches Brot hart erarbeiten, gehört doch die Gegend zu den kältesten in Deutschland und Landwirtschaft ist gerade in höheren Lagen nur noch bedingt möglich. Dort wo wegen des rauen Klimas kein Getreide wuchs war auch Landwirtschaft nicht mehr möglich. Erst als man darauf kam dass mit Mist und Odl die Erträge gesteigert werden konnten, wurde auch die Landwirtschaft besser.  Aber die Arbeiten mussten mit der Hand erledigt werden. Das Mähen mit der Sichel, Sense oder Wachel, das Kornauslegen und Aufstellen der Kornmadl, das Einfahren und das Dreschen, das nach Kathrein in den Scheunen erfolgte und oft mehrere Tage dauerte, gehörte zum Bauernjahr. Erst als nach dem 1. Weltkrieg die Dreschmaschinen Einzug hielten wurde es etwas leichter. Heute erfüllen Mähdrescher diese Arbeit in wenigen Stunden in einem Arbeitsgang.
Der Referent streifte in seinem interessanten Vortrag, den er mit vielen alten Aufnahmen lebendig gestaltete, auch die Arbeit bei der Heumaht und das Einfahren des Heus, sowie in den Wäldern, den Transport der Baumstämme mit dem Schlitten und die Holztrift. Auch über Brauchtum berichtete Dr. Hans Aschenbrenner, wie z.B. Hochzeit und Kammerwagen. 
  Anette Pielmeier dankte dem Referenten namens der vielen Zuhörer abschließend für die interessanten Ausführungen mit einem kleinen Präsent.  Dazu wies sie noch darauf hin, dass für den 22. Februar ein Vortrag zum Thema „Demenz“geplant ist, zu dem sie bereits einlud.
 
 
 
Bericht vom 29.01.2018
 
   
 
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