Der Glaube braucht den Dialog und lebendigen Austausch


 
 
Im Auftrag von Bischof Rudolf Voderholzer führte Regionaldekan Pfarrer Holger Kruschina aus Roding am vergangenen Dienstag in der Pfarreiengemeinschaft die sogenannte Große Visitation durch. Gewissermaßen eine Bestandsaufnahme, was in den Pfarreien positiv ist oder was zu verbessern wäre. Zweifelsfrei durchlebt die Kirche aktuell stürmische Zeiten aber auch in der Vergangenheit war nicht automatisch alles besser, sagte der Regionaldekan in seiner Predigt beim Gottesdienst. 
  Zum Abschluss der Visitation fand in der Pfarrkirche in Rimbach am Abend ein Gottesdienst statt, den Regionaldekan Pfarrer Holger Kruschina zusammen mit Pfarrer Johann Tauer, Pfarrer Peter Chettaniyil und Diakon Thomas Bauer zelebrierte. Er sei vom Bischof beauftragt worden, in den Pfarreien der Region Cham die sogenannte große Visitation durchzuführen. Dabei werde intensiv in die Pfarreien hineingehorcht und Pfarrer Tauer habe sich sehr viel Mühe gegeben, den Fragebogen auszufüllen. Wenn ein Arzt im Krankenhaus zur Visite kommt, so der Regionaldekan, ist jemand krank. Bei der Visitation in den Pfarreien ist niemand krank, sondern es wird nachgesehen, wie es geht und was sich seit der letzten Visitation vor zehn Jahren verändert hat. Wenn es Warnsignale gibt, sollen diese ernst genommen und rechtzeitig an der Schraube gedreht werden. Im Gespräch mit Pfarrer Tauer, Pfarrvikar Chettaniyil und Diakon Bauer habe er bereits eingehend gesprochen und am Nachmittag eine kleine Reise durch die Pfarreingemeinschaft gemacht, erwähnte Pfarrer Kruschina und es werde auch noch ein Treffen mit den Pfarrgemeinderäten und den Kirchenverwaltungen geben. Wir leben zweifelsfrei in stürmischen Zeiten und oft höre man, dass früher alles besser war. Aber war es wirklich so, war es vor 30 oder 40 Jahren, oder vor 70 Jahren nach dem Krieg besser. Sicher war alles anders aber nicht automatisch auch besser. Auch in der Kirche befinde man sich in einer Umbruchzeit. Es gehe darum, was uns der Glaube und die Glaubensgemeinschaft bedeutet. Mehr als 2000 Jahre alt sei die Bitte, angesichts einer großen Ernte Arbeiter in den Weinberg zu schicken, wie es zuvor im Evangelium gehört wurde. Auch erinnerte der Regionaldekan daran, dass Jesus immer zwei seiner Jünger zu den Menschen schickte. Einer allein würde schnell einsilbig und einsam. Der Glaube brauche immer den Dialog und den lebendigen Austausch zur gegenseitigen Stärkung, aber auch zur gegenseitigen Korrektur. Wir müssen um unseren Glauben ringen, der uns in der Taufe zugesagt wurde. So wie auch Jakob mit seinem Gegner gerungen hat, der ihm schließlich die Hüfte ausgerenkt hat. Er wurde zwar letztendlich Sieger aber er war gezeichnet. Gott konfrontiert uns mit der Vielfalt des Lebens und aus Krisen können wir zu neuem Leben erwachen, werden wir wieder fit gemacht. So soll auch eine Visitation dazu beitragen uns im Glauben wieder fit zu machen für die Gemeinschaft und das Leben.  
  Nach dem Gottesdienst fand im Pfarrheim das Treffen des Regionaldekans mit den Mitgliedern der Pfarrgemeinderäte und der Kirchenverwaltungen statt, denen er dankte, dass sie sich die Zeit dafür nahmen. Es sei angebracht darüber nachzudenken, was in den letzten zwanzig Jahren geschehen ist.Nachdem im 2. Vatikanischen Konzil einiges angestoßen wurde um den Gläubigen mehr Mitarbeit in der Kirche zu ermöglichen, seien auch die Pfarrgemeinderäte ins Leben gerufen worden. Bischof Rudolf Graber hat vor etwa fünfzig Jahren die Regionaldekane ernannt um über sie den Kontakt zu den Pfarreien zu vertiefen. Er selber, so Pfarrer Holger Kruschina, sei seit Januar in diesem Amt. Nach der Visitation im Dekanat Roding stehe nun heuer diese im Dekanat Kötzting an, wobei er bis zum Herbst dann alle Pfarreien visitieren werde. Er habe zwischenzeitlich die Erfahrung gesammelt, dass man in jeder Pfarrei etwas anderes kennen lerne. Zur Situation in der Pfarreiengemeinschaft stellte er heraus, dass vor 20 Jahren Rimbach und Grafenwiesen jeweils einen Pfarrer hatten, Zenching aber schon seit fast 50 Jahren von Rimbach aus mitbetreut werde, seit dort der letzte Pfarrer verstarb. Vor zehn Jahren kam es dann zur Gründung der Pfarreiengemeinschaft. 
In der Vergangenheit habe es mehrfach Zeiten gegeben in denen sich Menschen für einen geistlichen Weg als Priester oder zum Eintritt in einen Orden entschieden haben. So nach der Säkularisation, nach den erschütternden Erlebnissen aus den Kriegen und auch nach der Vertreibung der Menschen aus den böhmischen Ländern. In unserer Zeit sei es wesentlich schwerer, dass sich Menschen für einen geistlichen Beruf entscheiden. Die veränderten Familienstrukturen mit weniger Kindern und auch das schwinden des Glaubens seien hier besonders zu erwähnen. Auch sei der Priester nicht mehr so angesehen wie früher. Es sind also Rahmenbedingungen weggebrochen und mit diesen Veränderungen müsse man zurechtkommen um Kirche zu gestalten. Dabei neigen wir meistens dazu, nur das schlechte zu sehen, nicht das Positive und Gute. Mit Blick auf die Pfarreien stellte Pfarrer Kruschina dann auch einige Zahlen in den Raum. Die Zahl der Gläubigen habe sich in den vergangenen zehn Jahren überall verringert. In Rimbach sank sie um 150 auf aktuell 2398 und in Grafenwiesen von 1214 auf 1148 ab. Auch der Gottesdienstbesuch ging stark zurück. In Rimbach von 21,3 auf 16,68 Prozent und in Grafenwiesen von 19,11 auf 14,37 Prozent. Die Zahlen sind insgesamt rückläufig, ein Trend der derzeit nicht aufzuhalten sei. Aus eigener Erfahrung in Roding berichtete der Regionaldekan, dass die Kirche gerade noch zweimal im Jahr voll sei, nämlich an Weihnachten. Aber selbst da kämen weit mehr als die Hälfte der Gläubigen nicht mehr zu den Gottesdiensten. So stelle sich trotz der steigenden Zahl von Kirchenaustritten aber dennoch die Frage, warum doch noch so viele der Kirche angehören. Er verglich die Kirche mit einem Lagerfeuer in der Nacht. Einige sitzen ganz eng am Feuer, andere bilden einen weiteren Kreis und wieder andere sitzen weiter weg in der Dunkelheit, aber sie orientieren sich noch am Schein des Feuers. Für die, welche eng um das Feuer sitzen, die Seelsorger und die engagierten Christen, sei es nun die Aufgabe, das Feuer zu schüren und zu hüten, damit es für die weiter Entfernten Licht, Wärme und Orientierung bleibe. 
  Als besonders positiv bewertete Pfarrer Kruschina den Besuch der Schülermessen und die Chorarbeit in den Pfarreien. Die Feier der Eucharistie sei der Kernpunkt in den Gemeinden und diese Momente der Begegnung in der Liturgie gelte es gut zu gestalten und zu feiern. Gottes Wort sei wertvoll für den Glauben und dazu gehören auch die Psalmen, die er als Gebetbuch der Kirche bezeichnete. Weiter regte der Regionaldekan an, die Gottesdienstzeiten zeitlich etwas zu entzerren. Aufgrund der Vielfalt der Aufgaben, die die Seelsorger zu bewältigen haben, nicht zuletzt durch die Anforderungen der Bürokratie, sei eine „nachgehende Seelsorge“ nicht mehr möglich. So sei eine Möglichkeit, punktuell an die Lebenssituation der Menschen anzuknüpfen, Zielgruppen z.B. neu Zugezogene, Senioren, Ministranten usw. besonders anzusprechen. Lobend äußerte er sich auch über die gute und lebendige Homepage der Pfarreien, die viele Informationen vermitteln. Er könne die Pfarreiengemeinschaft beglückwünschen für das was da ist, so der Visitator und dankte für alle Mitarbeit in den Pfarreien. 
In der anschließenden Diskussion wurden durchaus auch Themen angesprochen wie sie ganz offensichtlich bewegen. Das Wegbleiben vor allem der Jüngeren, Mißbrauchsfälle, Dienste von Frauen in der Kirche, die größer werdende Kluft zwischen Oberhirten und Schafen, die Überforderung der Pfarrer und deren Vereinsamung nur um einige zu nennen. Solche Themen waren in einem Brief zusammengefasst, den der Regionaldekan an den Bischof weiterleiten wird. Wenn die Große Visitation im Dekanat Kötzting abgeschlossen ist, wird der Bischof zum offiziellen Abschluss zu einem Gottesdienst kommen.
 
 
Bericht vom 12.07.2019
 
 
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