Die Erziehung von Kindern ist nicht nur Sache der Eltern


„Wieviele Eltern braucht ein Kind?“ unter diesem Motto stand ein Elternabend im Kindergarten St. Michael in Thenried, der sich mit der Erziehung der Kinder befasste und in Zusammenarbeit mit der Katholischen Erwachsenenbildung abgehalten wurde.  Der Referent Bernhard Suttner machte dabei deutlich, daß in der Kindererziehung nicht nur die Eltern, sondern meistens auch andere Familienangehörige wie z. B. Großeltern, Onkel und Tanten, aber auch Kindergärtnerinnen, Lehrer usw. beteiligt seien. Auch gebe es keine Ratschläge oder Ideallösungen die für jedes Kind gelten, da jedes Kind anders sei. So können auch die Erziehungsmethoden von sogenannten Fachleuten nicht in jedem Fall hilfreich sein. Vielmehr sollten die Eltern darauf bedacht sein, ganz individuell auf ihre Kinder einzugehen, so wie es Eltern seit tausenden von Jahren machen.
   Ihre Freude darüber, daß sich eine ansehnliche Runde von Müttern zum Elternabend im Kindergarten eingefunden hatte, brachte die Leiterin Silvia Speigl zum Ausdruck, als sie in der vergangenen Woche den Abend eröffnete und neben den Eltern besonders den Referenten, Bernhard Suttner, zum Thema „Wie viele Eltern braucht ein Kind?“ willkommen hieß. In einer kurzen persönlichen Vorstellung machte der Referent deutlich, daß er durch sein Studium als Pädagoge und zwei eigene Kinder und ein Pflegekind, und zudem auch durch seine Enkelkinder einige Erfahrung sammeln konnte, was die Erziehung von Kindern betreffe. Außerdem war er mehrere Jahre in der Jugendbildungsstätte Windberg tätig und daher viel mit jungen Leuten in Kontakt. Es ist falsch wenn Eltern selber sich so sehen als könnten sie die Erziehung nicht richtig machen und nur auf die Ratschläge von sogenannten Experten hören.  Man müsse nämlich nicht Experte sein, oder sich sein Wissen aus Fachliteratur holen, die  es zu diesem Thema stapelweise gibt. Vielmehr forderte der Referent die Eltern auf, sich die Erziehung und den Umgang mit ihren Kinder zuzutrauen, wie es Eltern seit einer Million Jahren auch taten. Jedes Kind sei anders und daher braucht jede auch eine andere Einstellung darauf. Sicher werden dabei auch Fehler gemacht, die aber zu revidieren sind. Was Kinder aber nicht aushalten  ist Verwahrlosung, Gewalt und ganz besonders Mißbrauch. Daß bei der Erziehung von Kindern keine Gewalt mehr angewandt werden dürfe, so wie es früher allgemein der Fall war, sehe er als großen Fortschritt. Dazu sei auch seelische Gewalt wie Demütigung vor anderen Kindern zu zählen. Die schlimmste Schädigung sei der Mißbrauch. Pädagogisch richtig sei eine liebevolle Erziehung, bei der besonders auch das Vorbild mit entscheidet. Selbst wenn das Vorbild nicht immer ideal sein könne, soll das Kind spüren, daß die Eltern Freude am Leben haben. Für Eltern gelte es, nicht zu ermüden im Bestreben,  trotz mancher Schwierigkeiten, die Kinder ins Leben zu führen. Zum Thema des Abends, wie viele Eltern ein Kind brauche, sei klar zu sagen, daß es nicht nur zwei Eltern brauche und man könnte hier das Wort durchaus mit „Ä“ am Anfang schreiben. Da die Eltern nicht immer für die Kinder da sein können, sind es nicht selten auch die Großeltern, andere Verwandte, oder auch Nachbarn, zu denen die Kinder kommen können. Die Kinder sollen im Laufe der  Zeit erfahren können, daß die Menschheit, neben den Eltern, die für die die wichtigsten sind, aus vielen interessanten Menschen besteht. Auch Kindergartenpersonal, Lehrer, der Fußballtrainer oder der Musiklehrer, die Ministrantengruppe oder Jugendleiter in einem Verein können für die Kinder zu Personen werden, die ihnen gut tun, denn diese vermitteln ihnen etwas von einer neuen Welt. Das Leben wird dadurch vielfältiger und interessanter, denn bei anderen ist es anders als daheim. Kinder brauchen also mehr „Ältern“ und sollen nicht in der eigenen Familie „eingemauert“ werden. Wichtig sei allerdings, daß die Eltern aufmerksam sind, wie die Kinder nach Hause kommen und ob es etwa Bemerkungen macht, daß etwas nicht stimmt. Nicht immer leicht sei es den Standpunkt zwischen zwei Polen, z.B. zwischen Überbehütung oder Verwahrlosung, zwischen Freiheit oder ganz für das Kind da zu sein, zu finden. Dies kann durchaus phasenweise unterschiedlich sein. Während einerseits die Eltern Angst um die Kinder haben, müsse diesen aber auch eine gewisse Freiheit zugestanden werden, was situationsgerecht und altersgerecht abzuwägen gilt.
Für die Erziehung seien auch Elternfunktionen von Bedeutung. So sollte eine materielle Sicherheit vorhanden sein, denn Kinder beobachten sehr genau und spüren wenn es Probleme gibt, zumal dies oft auch Grund für Streit bei den Eltern sei. Partner sollten auch erst nach dem „Hallodristadium“ an Kinder denken, denn wenn PS und durchzechte Nächte wichtiger sind, sei dies keine gute Basis für gute Erziehung, ebenso wie Persönlichkeits-, Drogen- oder Beziehungsprobleme der Eltern.  Krisen zu bewältigen seien tapfere und anerkennenswerte Leistungen der Eltern. Sollte es dennoch zu solchen Schwierigkeiten kommen, sollte nicht gezögert werden, sich Hilfe bei Beratungsstellen zu suchen.
Gut für die Erziehung seien Eltern, die als aktive Partner zu erkennen sind, mit denen fröhliche Kommunikation betrieben werden kann und nicht nur in schwierigen Situationen negative Gespräche stattfinden. Das Verhör sei keine angenehme Gesprächsform. Eltern, die mit den Kindern nicht ratschen, reden, auch Faxen machen werden weniger gut akzeptiert. Eltern sind aber auch die aufrichtigsten Tröster und Beruhigungsinstanzen. So sollten die Kinder auch immer eine Ahnung haben wo sich die Eltern befinden und wie sie erreichbar sind. Wichtig sei für sie auch eine Vorbildfunktion, damit die Kinder sehen können wie ein Erwachsener vernünftig lebt. Die Eltern sollten sich darüber im Klaren sein, daß sie für ihre Kinder die erste und wichtigste Wertequelle sind, die ihnen die Grundordnung für die Welt vermitteln sollen. Auch wenn sich in der Pupertät andere Wertequellen in den Vordergrund drängen sollen die Kinder abwägen können was gut und gefährlich ist. Keine Einschränkungen zu geben sei für die Entwicklung nicht positiv. Werte werden am besten vermittelt, wenn das Verhalten positiv bewertet wird. Wenn die Kinder auf einem guten Weg sind, kann die darüber gezeigte Freude ein großer Ansporn sein.
Nach seinem Vortrag stellte sich der Referent noch den Fragen der Eltern, die er ausgiebig und sehr informativ beantwortete.
Die Kindergartenleiterin Silvia Speigl dankte abschließend für den sehr interessanten Abend, der sicher dazu beigetragen hat, die Sache Kindererziehung etwas positiver und leichter zu sehen, als vielfach von Experten dargestellt wird.
 

 

Bericht vom 30.05.2012

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