Geschichte diesseits und jenseits der Grenze wurde lebendig

Die PGR-Sprecherin dankte dem Referenten
Die PGR-Sprecherin dankte dem Referenten

Einen weiten Bogen über das Leben diesseits und jenseits der Grenze, die lange Jahre auch als Eiserner Vorhang galt, spannte Herbert Weiß bei einem Vortragsabend, zu dem Pfarrgemeinderat und Frauenbund in der vergangenen Woche ins Pfarrheim eingeladen hatten. Von der Völkerwanderung bis herein in die jüngere Geschichte beleuchtete der Referent die Geschichte der Bayern und Böhmen.
 PGR-Sprecherin Agnes Seidl begrüßte neben den gut zwanzig Zuhörern besonders Pfarrer Dr. Johann Tauer und vor allem den Referenten Herbert Weiß. Dessen Vorstellung übernahm dann Anton Bachmeier, der Vorsitzende des Arbeitskreises für Humanitäre Unterstützung im Landkreis Cham. Der Referent, so Bachmeier, war bis zur Pensionierung im Ordnungsamt in Cham tätig und ist stellvertretender Vorsitzender im Arbeitskreis. Der Vortrag sei aufgeteilt in Geschichtliches und Geschichten über Bayern und Böhmen, erklärte der Referent. Woher die Bajuwaren während der Völkerwanderung kamen, ist nicht genau nachvollziehbar. Da sich zahlreiche Volksstämme germanischen und nichtgermanischen Ursprungs, wie Kelten, Römer, Slawen vereinigt haben, könnten die Bajuwaren als Findelkinder der Völkerwanderung bezeichnet werden. Wie Ausgrabungen belegen, dürfte der Raum Regensburg der Hauptsitz der Bajuwaren gewesen sein. Ab dem Mittelalter entwickelten sich zwischen Bayern und Böhmen gute Beziehungen. Durch gemeinsame Heilige, Wallfahrten oder auch eheliche Verbindungen zwischen den Adelsfamilien gab es gute Kontakte über die Grenzen hinweg. Während von Bayern aus viele Klöster in Böhmen gegründet wurden, kamen von dort vor allem Impulse der hohen musikalischen Kultur zu uns. Die bayerisch-böhmische Grenze zählt als eine der ältesten in Europa und viele unterschiedliche Grenzzeichen und historische Wappensteine zeugen noch heute davon. Entlang der Handelswege entstanden viele Siedlungen, die von den Säumerzügen profitierten. Von Bayern nach Böhmen wurden vor allem Salz, Öl und Tuche transportiert während im Gegenzug Getreide, Hopfen, Malz und Pelze nach Bayern gebracht wurden. 
Der Referent sprach weiter auch die Künischen Freibauern an, die im königlichen Freigebiet lebten und viele Privilegien hatten, unter anderem auch eine eigene Gerichtsbarkeit und nur dem König unterstanden. Sie hatten den Wahlspruch „Niemals Herr und niemals Knecht, das ist künisch Bauernrecht“. Weiter sprach der Referent die Bedeutung der Ostmarkstraße an, die militärisch und strategisch wichtig  zur Aufmarschstraße wurde. 
An der Grenze gab es seit jeher auch die Schmuggler oder Schwirzer, wie sie hier genannt wurden. Geschmuggelt wurde alles was auf der anderen Seite der Grenze billiger war. Für so manche Menschen an der Grenze war es eine wichtige Einnahmequelle, für die auch das eigene Leben riskiert wurde. Erfolgreiche Schmuggler, die sich vom Späher über den Weiser zum selbständigen Unternehmer hochgearbeitet hatten galten als ehrenwerte Menschen. So wurde das „schwirzen“ auch nicht als Straftat betrachtet und es fiel für die einfachen Leute, im Gegensatz zur Obrigkeit, auch nicht „unter die 10 Gebote“. Es darf aber nicht verheimlicht werden, dass entgegen dem oft besungenen Schwirzerleben, sich an der Grenze oft auch Tragödien abspielten, wenn Schwirzer und Grenzaufseher aufeinander trafen und so mancher auf beiden Seiten dabei sein Leben verlor.
Im letzten Teil seines Vortrags ging Herbert Weiß noch auf die sogenannten „untergegangenen Dörfer“ ein, die nach dem Krieg niedergerissen wurden. Ein besonderes Zeugnis dieser jüngeren Geschichte sei das Dorf Bügellohe, wo sich nach dem Krieg aus ihren Dörfern vertriebene Menschen niederließen, in der Hoffnung bald wieder zurückkehren zu können. Wegen der schlechten Lebensbedingungen aus über 900 Metern Höhe, ohne Strom und Wasser, wanderten die Menschen nach und nach ab und das Dorf verfiel bis auf ein Haus, das seit zehn Jahren ein Dokumentationszentrum beherbergt.

 

Bericht vom 26.10.2022

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